Händehygiene weiterhin in unserem Fokus: Der fünfte WHO-Moment.
Auf Basis langjähriger Erfahrungen des Genfer Universitätshospitals mit nationalen Händehygiene-Programmen entwickelten Schweizer Wissenschaftler gemeinsam mit amerikanischen Kollegen das Konzept der 5 Momente für eine wirkungsvolle Händehygiene. Das anwenderorientierte Konzept zur Optimierung der Compliance für das Personal im Gesundheitswesen ist ein Kernelement der von der WHO im Mai 2009 verabschiedeten Richtlinie für die Händehygiene.
Beim 5 Momente-Konzept werden Indikationen und Situationsbeschreibungen, die auch in der Empfehlung zur Händehygiene vom Robert Koch-Institut detailliert beschrieben sind, vereinfacht abgebildet und auf 5 zentrale Risikosituationen für eine Erregerübertragung fixiert. Die Indikationen sollen hierdurch wahrnehmbar und gleichzeitig besser umsetzbar sein. Zusätzlich erleichtern die Symmetrien (5 Momente = 5 Finger einer Hand) das bessere Verstehen der jeweiligen Indikationen. Und dabei immer mit dem Ziel, Patienten und sich selbst vor nosokomialen Infektionen zu schützen.
Die Momente sind auch für Laien nachvollziehbar und haben eine gleichbleibende Konformität mit den einrichtungsbezogenen Standards. Dazu zählt ganz im Besonderen der 3. Moment, wonach das Personal mit potenziell infektiösem Material in Kontakt gekommen ist.
Von allen Händehygiene-Momenten stellt allerdings der 5. Moment für das Personal die größte Herausforderung dar, auch um die Compliance nachhaltig zu verbessern. Der 5. Moment der Händehygiene definiert sich als „nach Kontakt mit der Patientenumgebung“. Studien haben nun ergeben, dass zu dieser Indikation eher selten eine Händedesinfektion durchgeführt wird.
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Kürzlich hielt Dr. Jon Otter, Epidemiologe mit Schwerpunkt Infektionsprävention am Imperial College Healthcare NHS Trust in London, einen Vortrag über den sensiblen fünften Moment der Händehygiene. Er betonte in seinen Erläuterungen sowohl seine Bedeutung als auch die häufigen Defizite.
Eine gute und konsequente Reinigung der Oberflächen in Krankenhäusern ist eine bedeutende Präventionsmaßnahme für Übertragungen, ebenso wie die Händedesinfektion nach dem Berühren von patientennahen Oberflächen. „Wir haben jede
Menge Beweise“, so Dr. Otter, „dass die Kontamination von Oberflächen in der Patientenumgebung eine entscheidende Rolle bei der Übertragung vieler Krankheitserreger spielt, die in den meisten Fällen zu nosokomialen Infektionen führen können.“ [1]Dr. Otter verweist auf eine Studie, in der festgestellt wurde, dass das Berühren von Oberflächen in der Nähe eines Patienten ebenso leicht zu einer Kontamination mit C. difficile-Sporen führen kann wie das Berühren des Patienten selbst. Die Forscher fanden ebenfalls heraus, dass „der Kontakt mit häufig berührten Oberflächen in der Umgebung (z.B. Nachttisch, Telefon, Ruftaste) ebenso leicht zu einer Ansteckung führen kann, wie der Kontakt mit häufig untersuchten Hautstellen (z. B. Brust, Bauch, Arm).“ [2]
Zwar kann jeder Moment für sich genommen die Zahl der Infektionen verringern, doch wenn die Handdesinfektion und die Reinigung zusammen konsequent umgesetzt werden, ist der Rückgang der Infektionen enorm. So kann beispielsweise die Rate der C. difficile-Infektionen von ca. 8 pro 10.000 Patiententage auf etwa 1 pro 10.000 gesenkt werden.
Die Verbesserung der Compliance erfordert eine gute einrichtungsbezogene Infrastruktur für die Händehygiene. „Wenn wir unsere Aufmerksamkeit nicht auf alle Momente der Händehygiene gleich richten, werden wir nicht so effektiv sein, wie wir es bei der Prävention von Kreuzkontaminationen sein könnten,”, so Dr. Otter am Ende seiner Ausführungen.
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Quellen:
[1] Otter, Jon. “The ‘Thorny 5th Moment for Hand Hygiene’: Hands and Surfaces Collide.” Reflections on Infection Prevention and Control, 23 Nov. 2021, reflectionsipc.com/2021/11/23/the-thorny-5th-moment-for-hand-hygiene-hands-and-surfaces-collide/. Accessed 25 Jan. 2022.
[2] Guerrero DM, Nerandzic MM, Jury LA, Jinno S, Chang S, Donskey CJ. Acquisition of spores on gloved hands after contact with the skin of patients with Clostridium difficile infection and with environmental surfaces in their rooms. Am J Infect Control. 2012 Aug;40(6):556-8. doi: 10.1016/j.ajic.2011.08.002. Epub 2011 Oct 7. PMID: 21982209.